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Projekt muc1riva – Der Bericht

Posted on:September 6, 2015 at 09:23 PM

Auf 3 Uhr 30 den Wecker gestellt und eine erste akustische Prüfung der Lage durch das gekippte Fenster: das Rauschen des Regens, das mich am Vorabend in den Schlaf begleitet hat, hatte aufgehört. Also aufgestanden und noch mal kurz die Wettervorhersage am Computer geprüft und zwar genauer gesagt die Meteogramme des DWD für das Flugwetter. Die hatten für Freitag für die Fahrstrecke trockenes Wetter vorhergesagt und für Samstag Regen in den Bergen. Also jetzt oder nie bzw. nicht mehr in diesem Jahr. Den Rucksack hatte ich am Vorabend gepackt und pünktlich um 4 Uhr ging es los mit der Fahrradtour von München an den Gardasee in einem Tag.

Die Strassen waren noch nass und trotz Fleecepulli und Bewegung fror ich ziemlich. Um 4 Uhr 30 war ich in Unterhaching, was neuer Rekord war, allerdings nur aufgrund, nun ja, pragmatischer Auslegung der Ampelphasen früh am Morgen. Als es dann teils durch Orte und teils überland ging, war mir immer noch erbärmlich kalt. Zum Teil kamen noch ein paar Regentropfen runter von ein paar Restschauern, die das Regenradar noch angezeigt hatte. Viel war es glücklicherweise nicht und richtig nass wurde ich auch nicht. Allerdings war das der Moment, wo ich mit mir selbst haderte, was für eine besch…eidene Idee das Ganze doch war. Aber zurück konnte ich in dem Moment auch nicht mehr, schon alleine aus Selbstachtung. Ich hatte mir am Vorabend noch ein paar Notizen gemacht, was die Strecke betrifft, also insbesondere Straßennummern und größere Orte. Als erstes größeres Ziel Holzkirchen und von dort weiter zum Tegernsee war immer ausgeschildert, da ich ja immer Bundesstraßen gefahren bin. Nicht schön, aber kaum zu vermeiden, wenn man möglichst schnell voran kommen will. Nach Holzkirchen hat der frühmorgendliche Berufsverkehr schon zugenommen, glücklicherweise hauptsächlich in der Gegenrichtung in Richtung München. Nichtsdestotrotz waren einige LKW, die wohl Supermärkte belieferten auch in meiner Richtung unterwegs. Und es war noch immer stockdunkel. Als ich die ersten Anzeichen der Morgendämmerung ausmachte, da war ich schon fast am Tegernsee. An Uhrzeiten kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, ich schätze, dass es so gegen 6 Uhr war. Die erste Pause machte ich dann in Rottach-Egern gegen 6 Uhr 30, weil ich noch Geld am Automaten abheben wollte. (Natürlich habe ich es nicht benötigt.) Da gab es auch mein Frühstück: einen Müsliriegel, ein Snickers und kaltes Wasser. Denn es war immer noch kühl: Kaum bin ich vielleicht 7 min stehen geblieben, so war mir schon wieder kalt. Also schnell wieder weiter gefahren.

Von Rottach-Egern zum Achenpaß waren die Strassen dann trocken und bewölkt. Also eigentlich ideale Bedingungen zum Radfahren. Bis dahin hatte ich mich auch wieder beruhigt und mich mit meinem Schicksal abgefunden, dass ich da immer noch früh am Morgen mit dem Fahrrad unterwegs war. Seit es hell war konnte ich auch die Instrumente (Tachometer und Uhr) ablesen, was im Dunkeln mangels Beleuchtung nicht möglich war. Und so konnte ich meinen Gedanken nachhängen: 7 Uhr normalerweise aufstehen, 7 Uhr 30 frühstücken usw. Und um 8 Uhr 15 ging es schon über die Grenze zu Österreich am Achenpaß. Ab da war die Welt dann auch wieder in Ordnung und nach dem Achensee kam sogar die Sonne raus, so dass ich während der zweiten Pause mit Müsliriegel und Snickers den Fleecepulli ausziehen konnte. Bis Innsbruck standen irgendwann 64 km angeschrieben, was dann ziemlich exakt den 154 km entsprochen hätte, was mir Google Maps für die Gesamtstrecke angegeben hat. Bis dahin lag mein Kilometerschnitt deutlich unter den angepeilten 25 km/h, nicht zuletzt, weil man im Dunkeln einfach nicht so schnell fahren kann, wenn man den Weg nicht genau kennt. Bis es dann mal ziemlich steil (für Fahrradfahrer) bergab ging. Mein Tachometer hat mir dann später eine Maximalgeschwindigkeit von 61 km/h angezeigt, wobei mir dabei schon ziemlich mulmig war und ich froh war, als ich unten war. Aber wie durch ein Wunder (der Mathematik) war meine Durchschnittsgeschwindigkeit dann aber bei den angepeilten 25 km/h.

Als ich dann unten war, musste ich das erste Mal meine Notizen zur Strecke bemühen, denn Innsbruck war nur auf der Autobahn angeschrieben, aber nicht auf der Bundesstraße. 171 war die richtige Antwort und ich war auch richtig unterwegs. Diese Bundesstraße war am wenigsten schön zu fahren, zwar flach, aber sehr viel Verkehr, auch LKWs. Als ich dann in Innsbruck war, war die Straße teils vierspurig und ich nicht sicher, ob ich nicht irgendwo ein Verbotsschild für Fahrräder übersehen hatte. Aber einen Radweg gab es auch nicht. Dann gab es mal einen Hinweis auf die Brennerautobahn, wo ich hätte links abbiegen müssen, es mich aber bei den vielen Autos und Spuren nicht getraut habe. Also dachte ich, ich fahre mal weiter in Richtung Innenstadt und folge dem nächsten Hinweis. Ich vermute, dass mich das letztendlich einige Kilometer extra gekostet hat, bis ich dann endlich am Fuße der Brenner Bundesstraße (Nr. 182) war. Da war es gegen 11 Uhr und ich machte noch mal Pause. Eigentlich war ich da schon eine Stunde hinter dem Zeitplan, aber für die rund 35 km den Brenner hinauf hatte ich drei Stunden kalkuliert und vielleicht ging es ja ein wenig schneller?

Die Straße zum Brennerpaß hoch ist im Großen und Ganzen ganz gut zu fahren, es wechseln sich relativ flache Stellen mit mäßig steilen Stellen ab. Bei Matrei, also bei rund der Hälfte der Strecke musste ich eine Pause einlegen, weil ich starken Hunger bekommen hatte. Das ist eigentlich ein schlechtes Zeichen, denn soweit sollte man es nicht kommen lassen. Ich bin mir im Nachhinein auch nicht ganz sicher, wo das Ziehen in den Knien angefangen hat, ich glaube aber, dass ich es dort schon gespürt habe. Nach zwei oder drei eingeworfenen Powergels und anschließend total klebrigen Händen (mein wertvolles Trinkwasser wollte ich aber zum Abspülen nicht verwenden) ging es dann weiter. Und die letzten rund drei Kilometer gingen noch mal ziemlich steil aufwärts. Aber nach rund zwei Stunden Fahrzeit und einer Viertelstunde Pause hatte ich dann um 13 Uhr 15 den Brennerpaß erreicht, nur rund 15 min nach meiner geplanten Ankunftszeit. Oben gabs noch mal was zu Essen (Müsliriegel, Snickers und eine Tafel Schokolade), ein geogetaggtes Foto und dann gings weiter auf die zweite Hälfte der Reise. Im Prinzip gibt es auf der italienischen Seite vom Brennerpaß an einen Radweg neben der Straße. Anfangs habe ich ihn teils genutzt, da er aber immer wieder Kurven und Schlenker macht, ist er weniger geeignet, um schnell weiter zu kommen, so dass ich dann auf der Straße weiter fuhr. Wo dann genau die Probleme und dann die Schmerzen in den Knien anfingen, das kann ich nicht mehr genau sagen, zumal es ja zuerst steil bergab ging. Aber es wurde mit der Zeit immer schlimmer, so dass ich dann gar keine Kraft mehr auf die Pedale ausüben konnte, so dass ich teilweise für kleine Anstiege, wo der Schwung nicht mehr ausreichte absteigen und schieben musste. Das hat dann natürlich die Durchschnittsgeschwindigkeit drastisch verringert und so langsam musste ich mir eingestehen, dass mein Ziel, den Gardasee noch bei Helligkeit zu erreichen, unrealistisch geworden war. Es war ja totzdem erst Nachmittag und so habe ich mich noch einige Stunden weitergekämpft, bis ich dann gegen 19 Uhr im Bozen ankam und beschloß, die Tour dort zu beenden.

Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber es war die einzig sinnvolle, denn von Bozen bis Riva sind es noch mal gut 100km , was bei meiner Geschwindigkeit sicher noch mal 5 bis 6 Stunden gedauert hätte, so dass ich dann vielleicht gegen Mitternacht dort angekommen wäre und dann 20 Stunden unterwegs gewesen wäre. Das wäre dann wohl auch nur noch leichtsinnig gewesen.

Im Bozen war dann auch noch ein Stadtfest, so dass ich mich dort noch ein wenig umsehen konnte. Interessanterweise hatte ich dort überhaupt keinen Hunger, ich habe zwar ein Stück Pizza auf die Hand gegessen, das aber eher, weil ich Lust darauf hatte und weniger aus Hunger.

Als Verpflegung auf der Fahrt habe ich 6 Müsliriegel, 6 Snickers, 2 Tafeln Schokolade, 6 Powergels und 2 Liter Wasser verbraucht. Insbesondere der Wasserverbrauch scheint mir auch im Nachhinein recht gering, es war aber auch nicht heiß und Durst hatte ich auch nie. Ob das die Knieprobleme verursacht hat, weiß ich nicht, glaube ich aber nicht, sondern ich führe es eher auf das nicht vorhandene Training auf dem Rad zurück und die damit verbundene schlecht trainierte Muskulatur. Laufen ist halt doch nicht Radfahren. [Zwei Tage nach der Fahrtbin ich wieder eine Stunde problemlos gelaufen. Locker zwar, denn in den Muskeln hatte ich es doch gespürt, aber ohne Knieprobleme, was die Theorie von der mangelnden Vorbereitung stützt.]

Zurück bin ich dann am Tag darauf mit dem Zug gefahren, Abfahrt gegen 10 Uhr im Bozen und Ankunft gegen 15 Uhr 30 in München. An dem Tag hat es auch geregnet, fast von Bozen bis nach Kufstein, genau so, wie am Tag vor der Abfahrt prognostiziert.

Fazit:

Auch wenn jetzt vielleicht manche in meinem Umfeld lästern mögen, nach dem Motto “Ach, der Arme, hat er es nicht geschafft”, so bin ich der festen Überzeugung, dass diese Tour ein persönliches Highlight war und zwar genau so, wie sie abgelaufen ist, und nicht anders.

Falls ich die Fahrt wiederholen sollte und dann erfolgreich abschließen, dann weiß ich jetzt schon, dass es nicht mehr die gleiche Erfahrung sein wird.

Wenn du also eine Idee hast, und sei sie noch so verrückt, dann mach einen Plan und zieh ihn durch. Du kannst dabei nur gewinnen und zwar an Erfahrung und du wirst mit einem unvergesslichen Erlebnis belohnt, das dir keiner mehr nehmen kann.