Namaste und Tashi Delek!
Willkommen beim vierten Teil meines Nepal Reiseberichts.
Wir sind also nach einem sehr anstrengenden Marsch über rund 800 Höhenmeter am Vortag in der Tashi Delek Lodge (“Guten-Tag-Herberge”) in der Sherpahauptstadt Namche Bazar angekommen.
In der Nacht hatte ich wieder in meinem viel zu warmen Schlafsack sehr stark geschwitzt und war dann bei Sonnenaufgang gegen 5 Uhr aufgewacht. Die Zeit bis zum offiziellen Wecken um 7 Uhr hatte ich genug Zeit, meinen Körper bei der Anpassung an die Höhe zu “beobachten”. Mir ging es gar nicht gut! Ich hatte Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und auch Durchfall. Eigentlich wollte ich mich ja gar nicht bewegen, aber hin und wieder mußte ich dann doch die Toilette aufsuchen. In der Lodge gab es übrigens eine “richtige” Toilette, sogar mit Wasserspülung. Keine Ahnung, wohin das Zeug dann geleitet wurde, denn einen Kanal gab es in Namche nicht. Das Toilettenpapier sollte nicht mit gespült, sondern in bereitstehende Eimer gegeben werden; damit sollte wohl eine Verstopfung des Abflusses vermieden werden. Zur Anpassung an die Höhe und auch beim Aufenthalt in der Höhe waren wir von unseren Reiseleitern angehalten worden auch reichlich zu trinken, und das auch nachts! Und so war jede Nachtruhe durch mehr oder weniger häufige Besuche auf der Toilette unterbrochen. In der Lodge war das temperaturmäßig aber völlig unkritisch. Später im Zelt bei Minusgraden draußen war das nicht immer die reine Freude!
Um 7 Uhr gab es wieder den obligatorischen Tee und Waschwasser. In der Lodge gab es sogar ein Waschbecken; jedoch habe ich es nicht erlebt, dass aus dem Wasserhahn auch Wasser in anderer Form als einem kümmerlichen Rinnsal gekommen wäre. Entsprechend verheerend sah das Waschbecken auch aus, weil die Hinterlassenschaften vieler Vorgänger noch im Becken waren. Ich wollte gar nicht im Detail wissen, was das alles sein könnte… Jedenfalls konnten wir uns dort mit unserem diesmal an die Zimmertür gereichten Waschwasser morgens waschen.
Zum Frühstück gab es für mich nur Kakao (mit Milch aus Milchpulver) und Tee. Was Festes konnte ich nicht runterbringen. Wie gesagt, ich fühlte mich hundeelend!
Das Programm sah für diesen Tag einen Akklimatisationstag in Namche und Umgebung vor, d.h. nach dem Motto “Climb high, sleep low” (Hoch steigen und wieder tiefer schlafen), sollten wir an diesem Tag einige hundert Höhenmeter (maximal 400 Meter, wenn man nach dem Programm ging) hoch steigen, um dann abends wieder in der Lodge in Namche zu schlafen. Zuerst ging es bergauf auf einen Aussichtspunkt, der zugleich ein militärischer Stützpunkt war, von wo man einen ersten Blick in Richtung der fernen Eisriesen werfen konnte. So richtig konnte ich das aber nicht geniessen, da es mir noch immer keinen Deut besser ging. Dann ging es weiter ins Museum von Namche, wo Bilder von wohl allen Sherpas zu sehen waren, die den Mount Everest bestiegen hatten oder sonst eine wichtige Rolle gespielt hatten. Nachdem wir dort einen Film gesehen hatten, an dessen Inhalt ich mich überhaupt nicht erinnern kann, entschloss ich mich, doch meinem Körper nachzugeben und die Besichtigungstour abzubrechen und in die Lodge zurückzukehren. Das Sitzen im Dunkeln des Vorführkellers und das flackernde Licht des Filmes zusammen mit dem lauten Ton hatten meine eh schon starken Kopfschmerzen noch einmal verstärkt. In der Lodge habe ich erst einmal 2 Stunden im Schlafsack in unserem Zimmer geschlafen, bin dann in den Aufenthaltsraum hoch gegangen, um dort auf einer Bank weiterzuschlafen. Nebenbei habe ich auch weiter fleissig getrunken mit den von meinen Mitreisenden mir freundlicherweise überlassenen und in Wasser aufgelösten Magnesium- Multivitamin und Aspirintabletten. Wenn es einem richtig mies geht, glaubt man gerne daran, dass einem all das helfen könnte. So schlecht, dass ich daran gedacht hätte, was aus Gerry’s Giftkiste zu schlucken, ging es mir dann aber auch wieder nicht. Und der Verstand war doch noch einigermassen klar und ich sagte mir, dass es sicher nicht gut ist, das Zeug schon am Anfang auf relativ niedriger Höhe zu nehmen. Wie sollte es dann erst werden, wenn wir weitere 2000 Höhenmeter weiter oben sind?
Apropos Gerry, unser “Expeditionsarzt”: Ihm ging es in Katmandu schon schlecht, offensichtlich hatte er eine Magen-Darm-Infektion schon aus Deutschland oder aus dem Flieger mitgebracht. Als wir uns die Stadt ansahen, lag er mit Durchfall auf seinem Zimmer. Auf den zwei Tagesetappen nach Namche hatte er schon einen reichlich geschwächten Eindruck gemacht, er hat sich aber tapfer hochgeschleppt, wenn er auch immer die Nachhut bildete. An diesem Tag hatte er es gleich vorgezogen, in der Lodge zu bleiben und nicht mit auf Besichtigungstour zu gehen. Mit ihm hatte ich nach meiner Rückkehr in der Lodge noch gesprochen, er hatte wohl schon ein wenig von seinen Mittelchen eingenommen. Nun gut, er ist Arzt und sollte wissen, was er tut. Jedenfalls ist er auf Erkundungstour ins Zentrum von Namche gegangen, während ich es doch vorzog, liegen zu bleiben und mich nicht zu bewegen. In Namche gibt es eine deutsche (!) Bäckerei und Konditorei (“Hermanns Bäckerei und Konditorei”), von der er uns abends vorschwärmte. (Schwarzwälder Kirschtorte gab’s dort aber nur auf Vorbestellung.) So richtig konnte ich das aber nicht nachvollziehen, denn Appetit hatte ich nach wie vor nicht.
Gegen 17 Uhr bin ich dann doch aufgestanden und selbst zu einem Stadtbummel aufgebrochen, was aber recht schnell durch einen einsetzenden Regen unterbrochen wurde, so dass ich gar nichts von den in Namche angeblich so günstig zu bekommenden restlichen Ausrüstungsgegenständen von Expeditionen zu sehen bekam. Und mit dem Regen war es gleich mit einem Mal wieder deutlich kälter geworden. Also gings wieder zurück in den Aufenthaltsraum der Lodge, wo inzwischen auch die “Ausflügler” eingetroffen waren. Die Aufenthaltsräume von Lodges sind geprägt von einem mehr oder weniger großen Ofen in der Mitte. Und abends wird der Ofen dann immer befeuert, so dass es dann abhängig von der Raumgröße mehr oder weniger schnell schön angenehm warm wird in dem Raum.
Zum Abendessen um 19 Uhr gab es Lauchsuppe, eine Art Käsepizza, Gemüsereis, Gulasch (keine Ahnung von welchem Tier, Yak?) und einen Geburtstagskuchen für Gerald (nicht zu verwechseln mit dem Arzt Gerry!), der an diesem Tag Geburtstag hatte. Die Temperatur betrug tagsüber angenehme 10-15 Grad, nach dem Regen abends wurde es wie gesagt gleich deutlich kühler. Vormittags war es klar und sonnig, gegen 13 Uhr kamen Wolken auf und gegen 17 Uhr kam der Regen.
Die Nacht darauf habe ich sehr schlecht geschlafen; bis ungefähr 2 Uhr ging es ja noch, bis dahin war mir nur warm, was sich aber doch leichter beheben läßt, als wenn einen friert. Ab 2 Uhr jedoch konnte ich durch die Nase keine Luft mehr bekommen, hinzu kamen stechende Kopfschmerzen. An Nasentropfen in der Reiseapotheke hatte ich natürlich nicht gedacht und Aspirin wollte ich nur im Notfall nehmen. Doch was ist ein Notfall? Was tun, wenn die Kopfschmerzen noch schlimmer werden? Die Dosis erhöhen? Nein, so schlimm kamen mir die Kopfschmerzen dann doch nicht vor. Also habe ich den Rest der Nacht still gelitten und bin dann nach Sonnenaufgang gegen 5 Uhr 30 aufgestanden, habe mich warm angezogen und zugesehen, wie die Sonne am Himmel aufsteigt. Atmen konnte ich dann auch wieder durch die Nase, sobald ich aufgestanden war. Zum Frühstück gab es für mich dann nur Tee, denn mein Magen rebellierte immer noch. Und die Kopfschmerzen ließen auch nicht nach.
Um 8 Uhr 30 war dann Abmarsch. Natürlich ging es gleich wieder sehr steil nach oben. Unterwegs bekam ich dann doch Hunger, denn Nulldiät ist bei solchen Touren vielleicht doch nicht so ganz das Wahre. Also ging ich meine Reserven an, die ich mir von zu Hause mitgebracht hatte: Ein Müsliriegel und ein Mars Riegel. Ernährungswissenschaftlich vielleicht nicht ganz ideal, aber es half doch, denn im Laufe des Vormittags fühlte ich mich deutlich besser!
Mittagspause war pünklich um 12 Uhr. Es gab Gemüse und Toast, wovon ich auch meine Portion aufgegessen hatte. Dann habe ich auch die Gunst der warmen Mittagsstunde genutzt (es schien die Sonne) und mich zum ersten Mal nach Katmandu wieder rasiert. Zur Verfügung hatte ich eine Schale mit warmen Wasser, was auch ausgereicht hat, das Problem war aber, dass die Barthaare im Prinzip schon fast zu lang waren für eine Nassrasur. Aber ich habe das noch einigermassen ohne Verletzungen hinbekommen…
Vor dem Mittagessen ging der Weg recht steil bergab, was wir nach dem Essen alles wieder bergauf gehen mußten. Dann verlief der Weg relativ flach in Form eines Höhenwegs entlang des Dudh Koshi Flusses. Das Tagesziel war abweichend von unserem vorgegebenen Programm nicht der Ort Phortse Tenga, sondern ein wenig weiter der Weiler Dole. Das hatten wir am Vorabend so ausgemacht, weil diese Tagesetappe sonst sehr kurz gewesen wäre, die darauffolgende dafür umso länger. Dole liegt auf etwa 4200 Meter Höhe, so dass wir unter dem Strich rund 800 Höhenmeter zugelegt hatten. Dazu kamen natürlich noch die Ab- und Anstiege dazwischen.
Mein Befinden hatte sich im Laufe des Tages deutlich verbessert, so dass ich am Ende des Tages keine Beschwerden mehr hatte. Für die darauffolgende Nacht hatte ich mir noch ein Nasenspray von Bettina und Andi ausgeliehen, was ich dann aber dann auch gar nicht mehr benötigte.
Vormittags war es recht warm bei ungefähr 15 Grad, wobei auch die Sonne geschienen hat. Als nämlich nachmittags die Sonne weg war infolge aufziehender Wolken, kam auch noch ein ekliger Wind dazu, so dass die Temperatur zwar immerhin noch 10 Grad betrug, die gefühlte Temperatur jedoch deutlich darunter lag. So kam ich bis zum Nachmittag mit meiner Fleecejacke aus, mußte nachmittags aber zusätzlich die Goretex Jacke anziehen und die Kapuze der Fleecejacke aufsetzen, so ekelhaft war der Wind.
Nachts schien der fast volle Mond, die Wolken waren weg und es war sternenklar und kalt.
Im nächsten Teil gehts dann weiter in Richtung Gokyo Peak, unserem ersten Gipfelziel.