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Khumbu Durchquerung im April 2003 - Mein Bericht, Teil 2

Posted on:November 9, 2003 at 09:36 PM

Namaste (die Bentonung liegt übrigens auf dem letzten e und es heißt “Guten Tag” auf Nepali),

und herzlich willkommen zum zweiten Teil meines Nepalberichts. Vielen Dank für die durchweg positiven Rückmeldungen, die mit dem Wunsch nach einer möglichst baldigen Fortsetzung des Berichts verbunden waren.

Wir hatten also den Freitag mit einer Stadtbesichtigung zu Fuß in Katmandu verbracht und waren zum Abendessen im Hotel erschienen, “frisch geschneuzt und gekampelt”. Das war O-Ton unseres Reiseleiters Christian, einem waschechten Bayern und Bergführer aus Garmisch. Für die Nicht-Bayern: “Mit geputzter Nase und gekämmten Haaren”. Geputzte Nase war wichtig, denn sie war voll von Katmandu Staub.

An dieser Stelle passt vielleicht eine kurze Vorstellung meiner Mitreisenden, die doch fast durchweg deutlich älter waren als ich, was ich mir vor Abreise kaum gedacht hätte.

Da war Helga, ebenso wie ich aus München, etwa 50, alleine unterwegs und viel rumgekommen, wie übrigens die meisten. Ebenso hatte sie wie die meisten schon Nepalerfahrung und vor allem Bergerfahrung mit Steigeisen am Gletscher und am Seil, wo ich ja ein völlig unbeschriebenes Blatt war, das aber erst mal für mich behalten habe. Die Tour war ja als sehr anspruchsvoll ausgeschrieben und ich wollte mich nicht gleich als Anfänger hinstellen. Und dass sie wirklich anspruchsvoll war, das haben wir dann im Laufe der Reise alle am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Gerald, Ende 30, war aus Neuburg/Donau und schon öfters in Nepal gewesen. Er hatte auch für so eine Art Patenschaft einer Einrichtung zu Hause Geld gesammelt und es dann persönlich an Ort und Stelle abgegeben. Da war er aber alleine dort und die Gruppe nicht dabei, so dass ich da auch nix weiter dazu sagen kann.

Bettina und Andreas, waren aus Illertissen im Allgäu, sie Mitte und er Anfang 30, auch mit reichlich Berg- und vor allem Klettererfahrung.

Gerry, ein Chirurg aus Freiburg, so um die 40, wurde gleich als “Expeditionsarzt” auserwählt. Er war, wie er sagte, auch gut bestückt mit Medikamenten aller Art, vor allem Sachen gegen Höhenkrankheit wie “Diamox” bis hin zu Cortison. Wie ich hatte er wenig bis keine Berg- bzw. Höhenerfahrung, hatte aber immerhin noch vor Abreise einen Eiskletterkurs absolviert.

Claudius und Hildegard aus Darmstadt, nach meiner ersten Einschätzung die “härtesten”. Die Gesichter waren sonnengebräunt und sie sind wohl ständig unterwegs. Das Alter war schwer zu schätzen, ich würde mal sagen, er war so um die 50, sie etwa 5 Jahre jünger. Die beiden waren übrigens die einzigen, die keinen Fotoapparat dabei hatten.

Michael und Claudia aus Leverkusen, beide so Mitte 40, und mit original rheinländischem Dialekt. Das war akustisch am schwersten zu ertragen, zumal Michael immer irgendwelche mehr oder weniger passende Sprüche auf Lager hatte. Stellvertretend für alle weiteren darf ich den rheinischen Trinkspruch zitieren: “Jubel, Trubel, Heiterkeit, trink’ ma noch ‘ne Kleinigkeit”. Den Dialekt dürft ihr euch selbst dazu vorstellen… Naja, dafür haben sich die über den bayerischen Dialekt beschwert, den wir Süddeutsche angeblich gesprochen hätten. Ich glaube, am Ende der Reise hatte jeder seinen Wortschatz mit ein paar “Fremdwörtern” bereichert…

Dieter aus Speyer, ein eher ruhiger Typ, etwa Mitte 40, ein solider Bergsteiger.

Dieter aus Bonn, mein Zeltgenosse, Anfang 40, ebenfalls viel in den Bergen unterwegs, war wohl der einzige außer mir, der aus der IT Branche kam. Gottseidank haben wir so gut wie gar keine Fachgespräche geführt!

Gudrun aus Essen, so Ende 40, Marathonläuferin, so wie ich. Von ihr weiß ich, dass sie eine Expedition zum Pik Lenin (ein 7000er) mitgemacht hat und auch bis zum Gipfel gekommen ist. Von den anderen Mitreisenden habe ich keine bekannten Gipfel mitbekommen, das war aber auch kaum Gesprächsthema, was ich als sehr angenehm empfand.

Insgesamt waren wir also 13 Leute in der Gruppe zuzüglich unseres Reiseleiters. Die Atmosphäre und Stimmung in der Gruppe war sehr gut, so fand ich jedenfalls, es gab keine Motzer oder Querulanten oder Quertreiber aus Prinzip. Es wurden alle Unstimmigkeiten, die ohnehin selten auftraten nach dem Abstimmungsprinzip gelöst und es hat dann auch keiner nachgehakt. Sehr gut!

Doch nun zurück ins Geschehen:

Das Abendessen im Hotel war ausgezeichnet, es gab (sowohl vor, als auch nach dem Trek) abwechselnd Nepalisch, Thailändisch und Chinesisch, und das immer ausreichend! Mit viel Reis und Fleisch und auch Gemüse. Das stand etwas im Gegensatz zum Frühstück, das war - naja - sagen wir Englisch: Toast mit Marmelade, Müsli und Eier. Und natürlich Tee! Aber es war nicht schlecht und wir konnten uns schon mal auf die Ernährung unterwegs einstellen.

Nach dem Essen musste ich noch meine Sachen für den Trek packen und dabei endgültige Entscheidungen treffen, was ich mitnehme und was ich im Hotel lasse. Ich hatte mich aus Platzgründen entschlossen, entgegen meiner ursprünglichen Planung, das komplette Erste-Hilfe-Paket in Katmandu zu lassen. Schließlich hatten wir einen Chirurg dabei mit seinen medizinischen Geräten… So weit ich wußte, hatte er Nadel und Faden, Spritzen und Kanülen und Medikamente dabei. Gebraucht haben wir davon zum Glück nichts! Zur Ausrüstung allgemein werde ich aber am Schluss noch ein Extrakapitel verfassen, mit Tipps für die Leute, die das oder etwas ähnliches vielleicht auch mal machen möchten.

Also mal wieder bis spät in die Nacht gepackt! Keine Ahnung, warum das wieder so lange gedauert hat, schließlich hatte ich ja alles zur Hand. Aber ich habe dann doch nicht jeden Gegenstand in meiner Tasche unter gebracht und so richtig mit Gewalt habe ich mich auch nicht getraut, alles einfach reinzustopfen. Im Laufe des Treks hat sich das aber dann auch geändert und mit der Zeit ging dann das Packen richtig schnell…

Und ich habe mich noch einmal geduscht und nass rasiert, so ganz nobel mit Waschbecken und lauwarmen Wasser, ich hatte ja keine genaue Vorstellung, wie das dann auf dem Trek ablaufen sollte. Aber wenn ich gefragt hätte, wie es andere handhaben, dann hätte ich mich als Outdoor-Frischling geoutet und das wollte ich dann auch wieder nicht. Jedenfalls nicht schon in Katmandu, bevor wir überhaupt losgegangen sind.

Übrigens habe ich mir noch die Zähne mit Leitungswasser geputzt ohne darüber nachzudenken, was dann am nächsten Morgen zum Entsetzen meiner Mitreisenden geführt hat, von wegen Keime und so. Sie hatten wohl ausschließlich Wasser aus Flaschen zum Zähneputzen verwendet, woran ich überhaupt nicht gedacht hatte. Es hatte aber dann auch keine nachteiligen Folgen für mich.

Den Wecker in der Armbanduhr noch auf 04.45 Uhr gestellt, was mir unter normalen Umständen nichts ausgemacht hätte, so früh aufzustehen, in Anbetracht der Zeitverschiebung von 3 Stunden und 45 Minuten (!) voraus, hatte ich doch Bedenken, dass ich doch verschlafe. Aber zusätzlich gab es ja noch einen Weckruf per Telefon (ja, auch Telefon gab es im Hotel), der mich dann zuverlässig aufgeweckt hat. Aber der Wecker in der Armbanduhr war so leise, dass ich ihn nicht hörte, wenn er nicht direkt neben dem Ohr liegt. Das ist im Schlafsack so gut wie unmöglich, so dass schon mal die Weckmöglichkeit auf dem Trek ausfiel. Das war eine meine ersten Erkenntnisse bezüglich der Tauglichkeit meiner Ausrüstung. Im Nachhinein hat sich aber herausgestellt, dass ich immer von alleine mehr als rechtzeitig aufgewacht bin. Und zusätzlich wurden wir von der Begleitmannschaft immer mehr oder weniger rechtzeitig geweckt.

Nach einem gar nicht mal hektischen Frühstück ging es dann ab zum Flughafen mit einem Kleinbus. Da der die engen Strassen nicht bis vor das Hotel fahren konnte, mussten wir ein paar Minuten zu Fuß gehen bis zur nächsten Hauptstrasse. Um das Hauptgepäck mussten wir uns nicht kümmern, das wurde von Leuten von der Agentur zum Flughafen befördert. Gegen ein kleines Trinkgeld, versteht sich!

Apropos Trinkgeld: Wir hatten auf Anraten von Christian (und weil es sich wohl bewährt hat) eine Gemeinschaftstrinkgeldkasse angelegt, wo jeder erst einmal 40 Dollar eingezahlt hat und aus der alle Gemeinschaftsausgaben wie eben Trinkgelder bestritten wurden. Als erster Kassenwart wurde Helga “erwählt”.

Am Flughafen angekommen, es war auch schon längst hell, erwartete uns wieder ein mittleres Chaos. Jeder trug sein eigenes Gepäck ins Gebäude hinein, nur die Stöcke und Eispickel hatten wir in einem Gemeinschaftssack untergebracht. Das aufzugebende Gepäck wurde durchleuchtet (interessanterweise das Handgepäck nicht) und wir haben dann einen schönen Berg von dem Abflugschalter gebaut. Unsere Fluggesellschaft war “Yeti Airlines”, der Wettbewerber “Buddha Air”. Da habe ich (und auch wohl die anderen) zum ersten Mal so richtig die Vorteile einer Gruppenreise mit einem Reiseleiter genossen. Dieser musste sich nämlich mit den gestressten und undeutlich englisch sprechenden Schaltermenschen auseinandersetzen. Unser Gepäck wurde zusammen gewogen und - oh Wunder - wir hatten 20 kg Übergepäck. Das waren genau die Stöcke und Pickel im Extrasack. Also gleich ein Fall für Helga und unsere Gemeinschaftskasse, um sozusagen das Strafporto zu bezahlen.

Die Personenkontrolle war ein Witz, das Handgepäck wurde nicht durchleuchtet, wir wurden, streng getrennt nach Männlein und Weiblein, persönlich kontrolliert. Na gut, das Abtasten des Körpers war ja noch halbwegs professionell, aber die Kontrolle des Handgepäcks sah so aus, dass ich den Rucksack aufmachen musste (aber nicht auspacken), der Kontrolleur hat einmal mehr oder weniger tief in den Rucksack gefasst und das wars. Andreas erzählte anschließend, das ihm ein Feuerzeug weggenommen wurde, das er zufällig in einer Außentasche hatte, in die der Kontrollator zufällig auch reingesehen hatte. Offensichtlich konnte er gerade ein Feuerzeug brauchen, denn das andere im Rucksack hat er nicht entdeckt und somit auch nicht beanstandet. Ich hatte, nicht zuletzt aus der Erfahrung mit dem Taschenmesser in München, alles, was irgendwie beanstandet werden könnte ins Hauptgepäck gepackt.

Das “Boarding” begann sogar einigermaßen pünktlich um 7 Uhr 15, auf der Bordkarte war eine “2” vermerkt, was heißt, dass wir in die zweite Maschine nach Lukla kommen. Das Ganze ist wie ein Shttleservice organisiert, die Flieger fliegen hin und her, bis alle befödert wurden.

Immerhin fuhr ein Bus vom Gate zum Flieger; vom Flieger aus Wien mussten wir zu Fuß zum Gate gehen, immerhin 50 m… Was letztendlich besser war, weiß ich nicht, denn ganz so taufrisch war der Bus auch nicht mehr.

Das Flugzeug war eine zweimotorige Propellermaschine, die auch schon einige Jährchen auf den Tragflächen hatte. Insgesamt passten ca. 20 Passagiere ins Flugzeug, so dass wir weitgehend unter uns waren. Leider war ich beim Einsteigen zu langsam, so dass ich weder einen Fensterplatz noch einen Platz direkt hinter den Piloten bekommen hatte. Ich hatte einen Gangplatz rechts (ein Sitz war links vom Gang, zwei rechts davon), konnte ein klein wenig zur Seite raussehen und ein wenig vorne.

Und das was ich gesehen habe, ließ mir fast den Atem stocken. Am Anfang verlief ja alles noch normal, jedenfalls so weit ich das beurteilen kann. Nach etwa einer guten halben Stunde Flug fiel mir auf, dass der Pilot einen doch sehr starken Sinkflug eingeleitet hat, was ich sowohl in den Ohren bemerkte, die knackten, als auch an meiner Uhr ablesen konnte, weil diese auch Steigen und Sinken anzeigen kann, allerdings für Bergsteiger ausgelegt und nicht für Flugzeuge. Die Anzeige war im mittleren dreistelligen Bereich, was ich noch nicht mal beim Linienflug München - Hamburg mit der Lufthansa gesehen hatte. Da war die Anzeige maximal im niedrigen dreistelligen Bereich, d.h. 120 m/min Sinkrate. Ok, die Lufthansa Kabinen sind druckdicht, ganz kann man das wohl nicht vergleichen, aber die ca. 500 m/min Sinkrate, die ich jetzt sehen konnte, die schien mir schon ein wenig hoch. Egal, vorne hinaus konnte man auch schon die Landebahn sehen und ich war erst mal wieder beruhigt, der Anflug war ok, er deckte sich mit meine Erfahrungswerten. Bis wir der Schwelle immer näher kamen…

Je näher wir dem Boden kamen, desto mehr Details konnte man erkennen und ich konnte zu meinem nicht geringem Entsetzen die Geschwindigkeit abschätzen, die viel zu hoch war! So lang war die Bahn auch nicht und direkt dahinter war ein Berg! Ich dachte mir noch “das bremst er [der Pilot] nie ab und wir werden gegen den Berg fahren”. Der Pilot setzte also mit einer Meinung nach viel zu hohen Geschwindigkeit auf, aber durch das Seitenfenster konnte ich erkennen, dass die Maschine ohne erkennbaren Grund massiv langsamer wurde. Aber wie??? Die Bremsen waren das nicht, das hätte ich gemerkt. Am Ende der Bahn rollte das Flugzeug ganz gemächlich rechts von der Bahn aufs Vorfeld. Beim Aussteigen sah ich auch des Rätsels Lösung: Die Bahn war so stark geneigt (ca. 8-10 Grad), wie ich das noch nie auf einem Flugplatz gesehen hatte, also meinem Erfahrungsschatz überhaupt nicht entsprach. Und von meinem Mittelplatz konnte ich das auch durch die Fenster nicht erkennen. Durch den Anstieg der Bahn wurde das Flugzeug gebremst und am Ende der Bahn mußte der Pilot wahrscheinlich noch mal Gas geben, damit der auch ganz hoch kommt.

Als ich das dann beim Warten aufs Gepäck Gerry erzählte, meinte der nur lapidar, dass es manchmal doch besser ist, nicht zu viel zu wissen. Dann müsse man sich auch weniger aufregen. Wohl wahr!

So, nun ist’s gut für heute, ihr habt wieder was zu lesen und beim nächsten Mal geht’s dann endlich ins Gelände…